Hippias minor

Der Schluss des Hippias minor in einer Handschrift aus dem 15. Jahrhundert[1]

Der Hippias minor oder Hippias II (altgriechisch Ἱππίας ἐλάττων Hippías eláttōn, deutsch ‚der Kleinere Hippias‘ oder ‚der Kleine Hippias‘) ist ein Dialog des griechischen Philosophen Platon. Die Bezeichnung Hippias minor dient der Unterscheidung vom Hippias maior, dem „Größeren“ oder „Großen“ Hippias, einem längeren und daher als „größer“ bezeichneten Dialog, der Platon zugeschrieben wird, dessen Echtheit aber umstritten ist.

Es handelt sich um ein fiktives, literarisch gestaltetes Gespräch. Platons Lehrer Sokrates diskutiert mit dem Sophisten Hippias von Elis, nach dem der Dialog benannt ist. Den Ausgangspunkt bildet ein Vergleich zwischen den mythischen Helden Achilleus und Odysseus hinsichtlich ihres Umgangs mit Wahrheit und Lüge. Daraus entwickelt sich eine grundsätzliche Debatte darüber, ob es besser ist, aus freier Entscheidung die Unwahrheit zu sagen und etwas Übles zu tun, oder unfreiwillig so zu handeln. Es gelingt nicht, diese Frage zu klären; der Dialog endet in einer Ratlosigkeit (Aporie).

Platon lässt die Dialogfigur Sokrates die provozierende Ansicht vertreten, ein schlauer Lügner sei tüchtiger und daher „besser“ als jemand, dem die Fähigkeit abgeht, andere hinters Licht zu führen, und der sich daher notgedrungen an die Wahrheit hält. Damit will Platon den Leser zu eigenständigem Nachdenken über eine komplexe ethische Problematik anregen. Es geht um die Klärung des Kriteriums, von dem die ethische Rangordnung abhängig zu machen ist.

In der modernen Forschung wird die voraussetzungslose, konventionelle Moralvorstellungen missachtende Auseinandersetzung des Sokrates mit der brisanten Thematik teils als bloßes Gedankenspiel eingeschätzt, teils vor dem Hintergrund des platonischen Ethikverständnisses gedeutet.

  1. Florenz, Biblioteca Medicea Laurenziana, ms. 85,9, fol. 200r.

© MMXXIII Rich X Search. We shall prevail. All rights reserved. Rich X Search